Irreführende Preisangaben auf Google Shopping: OLG Hamm bestätigt Händlerhaftung – Was bedeutet das für Onlinehändler?
Am 25. November 2024 fällte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm eine Entscheidung, die für Onlinehändler von Bedeutung ist: Unternehmen haften für irreführende Preisangaben auf Google Shopping, selbst wenn der Fehler möglicherweise durch Google verursacht wurde (Az.: I-4 U 87/24). Dieses Urteil verdeutlicht, dass Händler eine umfassende Verantwortung für die Darstellung ihrer Produkte auf Drittplattformen wie Google Shopping tragen. Doch was bedeutet das konkret für Onlinehändler? Welche Maßnahmen sollten Unternehmen ergreifen, um sich vor rechtlichen Konsequenzen zu schützen?
Der Fall: Eine fehlerhafte Preisangabe mit weitreichenden Folgen
In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Unternehmen eine Herrenarmbanduhr auf Google Shopping mit einem Preis von 398,00 EUR beworben. Allerdings war das Produkt zu diesem Preis nie erhältlich und seit längerer Zeit nicht mehr lieferbar. Die Wettbewerbszentrale klagte aufgrund irreführender Werbung, da Verbraucher durch diese falsche Angabe getäuscht werden könnten.
Bemerkenswert an dem Fall ist, dass nicht abschließend geklärt werden konnte, wie es zu dieser fehlerhaften Preisangabe kam. Insbesondere war nicht ausgeschlossen, dass Google selbst den Fehler verursacht hatte – beispielsweise durch fehlerhafte Datenverarbeitung oder eine veraltete Cache-Speicherung. Dennoch entschied das OLG Hamm, dass das Unternehmen in jedem Fall für die fehlerhafte Anzeige hafte.
Die juristische Begründung: Warum Onlinehändler haften
Das OLG Hamm stellte in seinem Hinweisbeschluss fest, dass Unternehmen auch dann für irreführende Preisangaben auf Plattformen wie Google Shopping verantwortlich sind, wenn die fehlerhafte Anzeige durch Google verursacht wurde. Die Kernargumentation basiert auf § 8 Abs. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), wonach Google als Beauftragter des Unternehmens anzusehen sei. Dies bedeutet, dass das Unternehmen gegenüber den Verbrauchern haftet, auch wenn die Plattform selbst den Fehler verursacht haben könnte.
Das Gericht begründet seine Entscheidung folgendermaßen:
- Vertragliche Beziehung zwischen Unternehmen und Google
– Das Unternehmen hat mit Google einen Vertrag, der die Bewerbung der Produkte über Google Shopping regelt.
– Google unterstützt das Unternehmen aktiv beim Warenabsatz, indem es Anzeigen auf Grundlage der bereitgestellten Daten erstellt und veröffentlicht. - Einflussnahme durch das Unternehmen möglich
– Die Beklagte hätte durch eine Überprüfung und Korrektur der Anzeige den Fehler beheben können.
– Laut Gericht konnte das Unternehmen „durch einen einfachen Klick auf der eigenen Plattform und das Leeren des Cache“ dafür sorgen, dass die irreführende Anzeige verschwindet. - Verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch
– Das Unternehmen haftet unabhängig davon, ob es den Fehler selbst verursacht hat.
– Eine Haftung kann nur durch sorgfältige Kontrolle und Fehlervermeidung vermieden werden.
Das OLG Hamm stellt abschließend klar, dass die Frage, ob die Beklagte gegen Google Regressansprüche geltend machen kann, nicht Gegenstand dieses Verfahrens war. Das bedeutet, dass Unternehmen zwar gegenüber Google möglicherweise Ansprüche wegen fehlerhafter Anzeigen geltend machen könnten, dies jedoch nicht ihre primäre Haftung gegenüber Verbrauchern ausschließt.
Die Bedeutung für Onlinehändler: Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle
Dieses Urteil ist für Onlinehändler ein Weckruf, sich intensiver mit der Verantwortung für ihre Produktdarstellungen auf Drittplattformen auseinanderzusetzen. In der Praxis bedeutet dies:
- Regelmäßige Überprüfung von Preisangaben
– Unternehmen sollten ihre Anzeigen auf Plattformen wie Google Shopping regelmäßig kontrollieren.
– Automatische Updates oder Schnittstellenfehler sollten nicht als Entschuldigung dienen. - Technische Maßnahmen zur Fehlervermeidung
– Händler sollten sicherstellen, dass Preisänderungen und Produktverfügbarkeiten in Echtzeit synchronisiert werden.
– Das Leeren von Caches oder die Aktualisierung von Datenbanken kann helfen, veraltete oder fehlerhafte Informationen zu entfernen. - Klare vertragliche Regelungen mit Google und anderen Plattformen
– Unternehmen sollten in ihren Verträgen mit Drittplattformen sicherstellen, dass sie im Falle fehlerhafter Darstellungen Mechanismen zur Korrektur haben.
– Vertragsklauseln zu Regressansprüchen gegen Google könnten hilfreich sein, falls der Fehler nachweislich von der Plattform verursacht wurde. - Schulung der Mitarbeiter
– Mitarbeiter im Bereich E-Commerce und Marketing sollten über die rechtlichen Anforderungen informiert werden.
– Ein internes Kontrollsystem kann helfen, Fehler frühzeitig zu identifizieren.
Fazit: Sorgfaltspflicht der Händler gewinnt an Bedeutung
Das Urteil des OLG Hamm setzt einen klaren Maßstab für die Haftung von Onlinehändlern bei irreführenden Preisangaben auf Drittplattformen. Auch wenn die fehlerhafte Anzeige möglicherweise durch Google verursacht wurde, bleibt das Unternehmen verantwortlich. Händler müssen daher proaktiv sicherstellen, dass ihre Produktangaben stets korrekt sind und bei Fehlern schnell handeln.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Onlinehändler ihre Kontrolle über externe Anzeigen massiv verstärken müssen. Die Zeiten, in denen sich Unternehmen auf Drittplattformen „blind verlassen“ konnten, sind endgültig vorbei. Wer das nicht ernst nimmt, riskiert nicht nur Abmahnungen und rechtliche Konsequenzen, sondern auch einen erheblichen Vertrauensverlust bei den Kunden.
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